Donnerstag, 24. Dezember 2015

Unter dem Weihnachtsbaum


Tannenduft und Kerzenschimmer
Strömen durch die Weihnachtsstube,
Mägdlein faltet still die Hände,
Und es jauchzt der kleine Bube.

Vater-, Mutterliebe theilet
Heute aus mit vollen Händen,
Und die alten Ahnenbilder
Nickend segnend von den Wänden.

Horch! nun spielen alle Glocken
Von den Thürmen, nah und Ferne,
Und am wolkenlosen Himmel
Segeln leis die frommen Sterne.

Und dann wird es mählig stille-
Ausgelöscht sind alle Kerzen;
Kindlein schlummern, freudenmüde,
Weihnachtsbilder in den Herzen.

Nur das liebe Christkind wandelt
Segnend noch durch alle Räume,
Und der heil'ge Geist der Liebe
Webt die schönsten Himmelsträume


(Eugenie von Monsterberg, vor 1903)

Sonntag, 13. Dezember 2015

Herbst-Spaziergang


21. Oktober 1911, Hamburgischer Correspondent
(Hamburger Staatsarchiv / 741-4_S 12978)


Es scheint allzu früh in diesem Jahr winterlich kalt werden zu wollen. Das Verlangen nach äußerer und innerlicher Anwärmung wird tageweise schon wieder stärker bei der unvollkommenen Menschheit.
An den Straßenecken, und ganz besonders dort, wo der Neue Wall in den Jungfernstieg einmündet, rennt der Herbstwind herum und rempelt mehr oder weniger jeden an, kippt die großen Hüte der Damen hoch, um mit dreister Aufdringlichkeit darunter sehen zu können, und pfeift sich etwas dazu, wie ein ungezogener Junge.
Hoffnungsleer, mit vergehenden Kräften klammern sich die farbigen, sommermüden Blätter an ihre Äste und Zweige. Mit klammen, ungeschickten Händen wühlt in ihnen der Herbstwind, bis sie lautlos erdenwärts taumeln.
Dann lacht er gell und bläst ihnen zum Reigen auf und wirbelt sie rücksichtslos unter Büsche und auf vergilbte Rasenflächen. Oder er zwingt ihnen den Staub, der auf den Straßen geschlafen hat, als Tänzer auf und hetzt sie in taumelndem Wirbel mit wilden Sätzen in die Wasser der breiten Kanäle. Wie eine goldige, dicht gewebte Decke ruht das Laub eine lange Weile über den nassen Gründen und gleitet erschöpft dahin. Eine Weile nur, bis die Arme der dunkeläugigen Tiefe sie hinunterziehen zur erwartungsvoll schweigenden Stille.
Das Vergehen reitet auf falbem Ross durch die Natur.




Auf den Straßen der alten, sich verjüngenden Stadt aber schafft die neue Zeit und bringt den Luftzug befreienden Werkens überall dahin, wo der Hupenton ihres vorwärts brausenden Autos erklingt, aufrüttelnd, lebenerweckend.
Vom hastenden Getriebe des Hauptbahnhofs her nahm ich meinen Weg hafenwärts. Was für einen Unterschied schuf die Gegenwart in den gedrungenen Tempelhallen des Hauptbahnhofes seit den Tagen des alten Klosterbahnhofes! In wuchtigem Ansturm kommen die D-Züge, der Fernverkehr steigt mit jedem Tag und die Vorortsbahnen können die harrenden Menschenmassen kaum fassen. Wie ein unerschöpflicher Zug des Lebens strömen die Leute, eifrige Diener der Zeit, über die hohen Laufstege, die beiden Bahnsteige und Treppen hinaus in die wachsende schöne Stadt.
Wer vor wenigen Jahren noch die alten, schiefgeneigten Häuser des Schweinemarktes kannte, wer heimkehrt in die Vaterstadt nach langer Zeit und die gedrückte Enge der niedergelegten Straßenzüge dort noch erwartet, der findet sich nicht mehr zurecht in der hier erstandenen, prächtig breiten Mönckebergstraße. Die harten, schaffenden Hände der Arbeit, die oft rücksichtslos zupacken müssen, räumten da unter dem Alten auf mit bedingungslosem Vorwärtsstampfen.

Licht brach herein. Und zwischen so manches Haus, das sich in missverstandener, neuzeitlicher Formgebung aufdringlich breit macht, schieben sich wieder Bauten von eindringlicher Schönheit und wuchtiger Gewalt. Das Beste aber, was dort ersonnen und erbaut wurde, ist das Kunstgewerbehaus von Hulbe. Dort hat man den Ruf verstanden und aufgenommen, den Ruf, der ausging von den nahen Kirchen, kein Verbrechen zu begehen wider den heiligen Geist der Baukunst.
Wohin man sieht, werden die endlos scheinenden Straßenseiten immer noch unterbrochen von nüchternen Bauzäunen. Eiserne Hebewerke fassen rastlos nach neuen Lasten, Mauern steigen empor, Gerüste werden niedergeholt nach vollendeter Dienstzeit. Hier und da, wie zurückgedrängt aus der stolzen Reihe wachsender Häuser, windschiefe, alte Fachwerkbauten. Sie lehnen sich aneinander, als fürchten sie Stütze und Schutz. Die rissigen Mauern, gefärbt von der Tünche hastender Jahre. Geduldig tragen sie die einfachen Reklameschilder  der alten Zeit. Besonders scheinen die Geschäfte der Trödler hier geblüht zu haben. Verwaschene Buchstaben reden davon.
Für alte Kleider, zahle die höchsten Preise, Eingang gleich um die Ecke, wird dicht unter dem Dachfirst des einen Hauses leichtsinnig versichert.
Weiter unten, am Rathausmarkt, ein schwarzes Menschengehaste. Es ist Börsenzeit, die Parade der Kaufmannschaft in vollem Gange. Und sie ist von einer eindringlichen, ernsten Sprache, wenn man bedenkt, was für weltenbewegenden Dinge diese Köpfe da unter dem schlichten Zivilistenhelm anordnen können.

Auf dem engen, allzu gepressten Burstah quellt die Menge wie immer durcheinander. Der Begriff von Raum und Zeit geht hier jedem auf, der vorwärts muss, will und doch behindert wird auf Schritt und Tritt. Über dem Rödingsmarkt liegt eine ungewohnte neue Verdunkelung. Die scharf gezogenen Linien der eisernen Hochbahnbrücke haben das gewohnte Bild vollkommen verändert und umgeschaffen. Hier wirkt die Vorwärtsbewegung der neuen, anderen Zeit, der Hamburg nachfolgt wie alle Großzügigen, so ganz besonders stark und eindringlich. Schade ist nur, dass der edelschöne Bau des Verwaltungsgebäudes vollkommen erstickt wird von der vorgelegten Überführung der Hochbahn. Dem Rödingsmarkt entlang führt mich mein Weg.
Überall tief einschneidende Spuren umwälzender Arbeit. Die Schienen der elektrischen Bahnen werden umgelegt. Unter den teilweise fertiggestellten Hochbahnbogen hocken dicht aneinander gedrängt die hölzernen Bauhütten, Arbeitsgerät ist in starken Stapeln übereinander geschichtet.
Hier und da hat das Eisen der Brücke schon das graue Kleid der Tätigkeit angelegt, noch aber überwiegt das flammende Rot der Farbe, die das Eisengesperr vor fressendem Rost schützen muss. In scheinbarer Totenarmut rastet das Leben auf den pfeilergetragenen Schienen da über der Menschheit. Aber schon legt sich der graue, gewundene Leib in gewaltiger Anspannung über Hamburgs Straßen und Wasser, drängt sich mit wühlenden Kräften hinein in der Erde Dunkelheiten, zu fossiler Größe ausgestreckt, wie die Mitgaardschlange Nordlands sich um die Erde Wandungen schmiegte.
Vom nahen Hafen her heulen die Dampfpfeifen, weht ein frischer Luftzug. Wer noch einen Gran Fassungskraft hat, um dies werdende, aufpeitschende Sturmlied weltumfassender Arbeit herauszuhören aus dem hastenden, gellenden Lauten, die über die ölgetränkten Elbwasser fahren, dem geht das Herz auf, wenn er die Masten der Handelsschiffe, die schweren Leiber der Schuten, und des Hafens ganzes Getriebes vor sich liegen sieht. Von den nahen Vorsetzten schrillt unaufhörlich das knarrende, schütternde Geräusch des Bohrers herüber, der sich in das Eisen der Hochbahnträger wühlt, um Raum für die Nieten zu schaffen. Schauerleute, mit den Fäusten im Taschensack, stehen unschlüssig vor einer Kellerkneipe, die verlockenden Grog anpreist.

Es ist Donnerstag, der dunkle Klageton eines ausfahrenden Amerikadampfers klingt landeinwärts als Scheidegruß. An den St. Pauli Landungsbrücken geht es auf die rasche, grüne Hafenrundfähre. Am Vordersteven sind die Planken wasserberonnen, aber nur dort genießt man die Fahrt auf rechte Weise. Mächtig liegt die Speicherstadt vor mir. Knarrende Kranarme packen ganze Ballen Stückfässer und legen sie fein zuträglich nieder. Lastwagen, mit Pferden davor, die hier fast klein wirken, rollen über die Quaistraße.
Jollen schießen selbstbewusst, wie alle Gernegroße, über die Wasser an den gewaltigen, überseeischen Dampfern vorüber. Ein Schlepper zieht einen schweren, ungefügen Riesen elbabwärts. Hart Backbord hält sich neben ihm ein tanzendes Motorboot, mit dem die aufgejagten Wasser Fangball spielen. Am Amerikahöft liegen, tadellos ausgerichtet, schwere Bremer Warenboote des Norddeutschen Lloyd, im blutroten Schiffsrock, gedrungen und breit, wie unbeholfene, schwer bewegliche, dicke Frauen.
In schwankender Bewegung schlägt der Pegelzeiger vor uns zurück, als wir am Höft dort bei ihm festwerfen. Und dann geht es rasch weiter vorwärts.
Die Wasser schleudern sich mit zischendem Murmeln hoch auf am pflügenden Vordersteven. Schaumkronen tragen sie auf den rastlos bewegten Häuptern und reißen sie ab und rollen sie kichernd einander zu in toller Spiellaune. Der blassen Herbstsonne flirrende Strahlenhände gleiten in streichelndem Liebkosen über die tanzwilden Wasserfrauen. Die aber greifen nach ihnen und ziehen sie mit hinein in den Wirbel und lassen sie nicht, bis sie ihnen hilft mit Zauberfingern einen grüngoldenen Leuchtmantel zu wirken. Voll lachender Lust springen die Wasser jetzt hoch auf bis zur Reeling, mit randvollen Händen werfen sie blitzenden Schaum auf die zurückprallenden Leute und gleiten hastig, geduckt, wieder die Schiffswände hinab in ihr Reich.
Dann aber ein neues, jähes Aufbäumen, ein gewaltiges Anstemmen gegen das anstürmende Dampfboot. Mit stärkerer Kraft ringt es die Wasser nieder. Die aber verrinnen und gleiten wie in liebkosender Freude um die eiserne Bugfaust, die sie niederzwang. Rasche Krafttaten sind allemal etwas Wohlgelittenes beim weiblichen Geschlecht.

Es ist später Nachmittag geworden, als wir bei den Landungsbrücken anlegen. Die Werften drüben auf Steinwärder werden bald zum Arbeitsende pfeifen. Die letzten, hastenden Sonnenlichter gleiten über den alten-neuen Michel, der noch das ungewohnte rotbraune Kupferwams trägt.
Es zieht mich hinüber zum Elbetunnel, diesem Zauberwerk der Jetztzeit und ihrer schöpferischen Kinder. Die Einfahrtshalle ruht wie ein Koloss der Vorzeit vor mir. Den Kupferhelm übergestülpt, geht es von ihr aus wie dröhnende Wucht sieghaften Überwindens. Sie ist schön in ihrer gedrungenen, massigen Form. Vor dem Eingang staut sich die Menge. Zum Weitaus größten Teil wissbegierige, die sich das achte Weltwunder besehen wollen. Fast alles Menschen aus dem Mittelstand  und sogenannte feine Leute. Die oberen Zehntausend scheinen die Einfahrt zu scheuen. Ein schwunghafter Handel mit Ansichtskarten vom Elbetunnel ist in vollster Blüte. Mit nordischem Bedacht und voll wohltuender Ruhe verstauen sich die angesammelten Menschenmassen in den Aufzügen, die später für den Wagenverkehr benutzt werden sollen. Annährend 135 Menschen belasteten den Fahrkorb. Dann rollt die Tür zu sicherem Verschluss abwärts, eine brave Ehefrau hakt sich noch schnell in den starken Arm ihres Mannes ein, um für alle Fälle gesichert zu sein, als wir auch schon niedergleiten. Ich habe noch nie ein so angenehmes Abwärtsfahren erlebt. Man fühlt kaum, dass man die 23,5 Meter in die Tiefe hinabsinkt. Nur wenn man den Blick hebt und das außerordentlich rasche Vorbeigleiten der geschwungenen Eisentreppen, der blitzenden Wandungen beobachtet, ahnt man die Schnelligkeit.
In einer knappen Minute waren wir im aufgewühlten Bett der Mutter Elbe angelangt. Rasch entleerte sich der Fahrkorb. Und nun bot sich dem Neuling ein zauberisches Bild.
In funkelnder Lichtflut lagen die beiden Tunnelstollen vor mir. Wie unterirdische Märchengrotten erschienen sie mir. In den gelben Glasursteinen der Wände fing sich das Licht der elektrischen Lampen und strahlte zurück. Die Lichterschlange schien ganz am Ende sich aufzubäumen und den Ausgang suchend ihren Kopf zu heben.
Über die Fußwege flutete die Menge, wo unter ihnen die Rohrposten jagen und Wasserleitungen lagern. Telephonkabel und Starkstrom sind in die Seitenwände eingelassen, unter dem Fahrdamm zieht sich das Siel. Hundert eilende Menschenschritte hämmern auf den Wegen. Und über unseren Köpfen lastet der grobe Sandboden des Flussbettes, fluten die Wassergewalten, stampfen die Schiffsschrauben. Ein tiefer Schauer der Andacht überkommt mich vor diesem Wunderschaffen menschlichen Geistes, das einzig in der Welt dasteht.
Dann wieder eine kurze Fahrt hinauf  zur Erde. Steinwärder. In Sichtweite von Hamburg liegt es, der Odem Hamburger Arbeit gibt ihm Leben, und doch ist man urplötzlich in dörfliche Straßen versetzt. Nur eine kurze Wanderung über das rote Klinkerpflaster der Norderelbstraße erlaubt mir die drängende Zeit.
Abseits ragt die Werft von Blohm & Voss. Hier und da Schilder mit Anpreisungen, die dem Blumenhändler spanisch vorkommen: Spieren und Raumleitern. Auch viel Schiffsbodenfarben werden angezeigt. Spatzen lärmen wie toll in einer alten Platane, als seien sie allein auf der Welt. Dröhnend, heulend gellen die Dampfpfeifen den Feierabend in die Welt hinaus. Von allen Seiten quellen und fluten Arbeiter mit rußgeschwärzten Gesichtern, aus denen das Weiß des Augapfels blitzt, dem Elbetunnel zu. In den hart gearbeiteten Fäusten die blecherne Kaffeekanne. Und blitzschnell trägt auch mich elektrische Kraft wieder in die Elbtiefen.
Da plötzlich, in der Mitte des Tunnels, dicht hinter mir ein urgewaltiges, hartes Stampfen und Dröhnen, das hallend weiterklingt und anschwillt wie stürmisches Meerestoben, immer stärker, unheimlich, unaufhaltsam, erdrückend fast. Es sind die andrängenden Massen des Arbeiterheeres, das heimwandert.

Sonntag, 6. Dezember 2015

Anna Eva Sussmann-Ludwig

In dem Blogpost über das Parseval-Luftschiff berichtete Elinor über ihre Eindrücke vom Flugplatz in Ohlsdorf. Tatsächlich mitgeflogen im Parseval ist eine ihrer Kolleginnen vom Hamburgischen Correspondenten. Am 15. Juni 1911 schrieb Anna Sussmann-Ludwig über eine Nachtfahrt mit dem Parseval.


„Ich habe geflogen“ oder „ich bin geflogen“?
Noch stehen wir in lebhafter Debatte über die einwandfreie Lösung dieser so unendlich wichtigen Frage, als ein Kollege in beschleunigtem Tempo die Front der des Aufstiegsschauspiels harrenden Zuschauer ablief und mit einem kurzen:
         „Wollen Sie mitfahren? Es ist noch ein Platz in der Gondel!“, mir die Aufforderung der Leitung zu dem Nachtflug überbrachte. 
Theorie und Praxis! Eben noch debattierten wir, und kaum fünf Minuten später flog auch ich, ohne auch nur noch mit einem einzigen Gedanken über „habe“ oder „bin geflogen“ nachzudenken. Die Gegenwart war das einzige. „Ich flog!“ Flog, als ob das etwas ganz selbstverständliches wäre, und nicht etwa eine ganz neue Etappe in meinem ohnehin an Abwechslungen und Erlebnissen nicht ganz armen Leben. Und dabei merkte ich, wenn ich ganz aufrichtig sein soll, nicht einmal etwas von der Kühnheit des Unterfangens. Der Parseval glitt so ruhig, so ohne Schwankung und ohne die geringste Vibration, die mir bei Schiffen  immer viel unangenehmer und störender als selbst das ärgste Rollen oder Schaukeln, durch die Stille der Nacht dahin, dass erst ein Hinunterblicken auf die Felder und Häuser von Ohlsdorf, auf das Lichtermeer der sich vor uns, neben uns, um uns dehnenden Stadt mir es zum Bewusstsein bringen musste, dass wir als Segler der Lüfte durch das nächtliche Schweigen zogen.
Vor uns der Abendstern. Aufrecht stehend, leuchtenden Blickes zogen wir ihm entgegen. Nicht mehr als armselige Zwerglein des Alltags, sondern als stolze Bezwinger der Lüfte, denen alles Lastende, Erdenschwere, Niederdrückende abgestreift zu sein schien. So lebensfreudig und arbeitsfrisch wie auf dieser köstlichen Fahrt fühlte ich mich vielleicht nur noch ein einziges Mal zuvor. Vor mehr als einem Jahrzehnt auf dem Hapag Passagierdampfer Columbia beim Anblick der Mitternachtssonne in der Adventsbay bei Spitzbergen!
Wie alles Große, Schöne im Leben, ging auch diese Episode  leider viel zu rasch dahin. Glatt, sanft, fast möchte ich sagen unglaublich sanft landete die Gondel. Die Erde hatte uns wieder. Nicht mit einem Lebewohl, sondern mit einem hoffentlich auf Wiedersehen, und zwar auf recht baldiges, verabschiedete ich mich dankend vom Parseval und seinem Führer. Sie beide hatten geflogen, denn ihrer war die Arbeit, die Leistung, während mir, die sich ganz passiv verhalten, die Freude, der Genuss geworden.“ 

(Der Text stammt aus dem im März erscheinenden Buch "Parseval in Sicht!")

Es muss, man liest es aus den Zeilen heraus, ein unglaubliches Gefühl gewesen sein, zu jener Zeit als Frau in den Genuss eines fluges mit einem Luftschiff zu kommen.
Sie beschreibt es ja in ihrem Vergleich mit der Fahrt auf der Columbia. Dazu wollte ich mehr erfahren. Wann genau, und unter welchen Umständen fand diese Fahrt nach Spitzbergen statt?

Bildquelle  

Der Hapag Doppelschraubendampfer Columbia, erbaut bei den Laird Brothers in Birkenhead, machte seit Beginn der 1890er Jahre ausserhalb des Fahrplanes Sonderreisen – die Nordlandfahrten. 

Die Columbia war ein prachtvolles Schiff. Ihre drei großen gelben Schornsteine, ihr schlanker Körper, ihre elegante Decklinie verliehen ihr etwas ungemein Rassiges. Die Columbia war eines der ersten Schiffe mit einem fest überdachten Promenadendeck, wodurch noch ein zweites Deck geschaffen worden war, das man nach der Sonne benannte. Die prunkvolle Inneneinrichtung lieferte die Firma Bembe aus Mainz. Die behaglichen Kabinen boten für zwei Passagiere genügend Raum. 
Bei einer dieser Nordlandfahrten vom 20. Juli bis 9. August 1895 stieß die Columbia bis Spitzbergen vor.

Wenn man sich näher mit der Person Anna Sussmann-Ludwig beschäftigt und dieses von abenteuerlichen Ereignissen gespickte Leben sieht, dann stimmt es einen traurig, wenn man erfährt dass ihr Leben durch einen Suizid endete.
Auf der Internetseite Stolpersteine-Hamburg findet man weitere biographische Angaben zu Anna Sussmann-Ludwig.

Sonntag, 6. September 2015

Lübecks sonderbarste Kirche


08. Mai 1910, Hamburgischer Correspondent

In unserer Zeit blendender Erfindungen, nüchterner Tatsachen und hastender Unruhe gibt es so mancherlei nachdenkliche Leute, die noch gern hinüber lauschen auf das, was voll Kraft und Eigenart das deutsche Mittelalter sang und schuf, die mit liebevoller Andacht dem nachgehen, was der Väter Geist und köstlicher Kindersinn und hinterließ an gewaltig getürmten Bauwerken und sonderbar schönen Bildnereien, die allesamt bis ins kleinste hinein kristallisierte Gedanken und Empfindungen enthalten und darstellen. Für jene besonderen unter den Leuten ist Lübeck, das frühe Haupt des mächtigen Hansabundes, dessen Name ja in der jüngsten wirtschaftlichen Bewegung wieder zu Ehren kommt, eine der köstlichsten und schier unerschöpflichsten Fundgruben.
Und es ist sonderbar.
Als ob die Gewalt, die förmlich bannende Macht scheinbar verflüchtigter Zeiten dort überragend und noch lebensfähig wären - scheint alles Neuzeitliche im alten Lübeck ein erzwungenes Schattendasein zu führen. Ja, es wirkt fast störend für das Gesamtbild des alten Stadtteils, dass dort elektrische Bahnen sich mühsam auf den Straßen vorwärts bewegen müssen. Sie passen nicht zu der stillen Versonnenheit, die sogar bei den Jahrhunderte alten, nicht mehr benutzten Trave-Speichern am hellen Mittag sichtbarlich umgeht.


Aber ein sonderlich Ding gehört in die Mauern dieses norddeutschen Nürnbergs wie kaum ein anderes - es fügt sich hinein in das Urüberkommene mit all dem verwitterten und sich neigenden Leben der alten Männlein und Weiblein, das es betreut – gleich einem Endvers aus Walter von der Vogelweides letztem Lied: „Ade Frau Welt“ – es ist das „Hospital zum heiligen Geist“, unweit des alten Burgtors gelegen. Ebenso merkwürdig wie die eigenartige Einrichtung dieses sogenannten „Spitals“ ist auch die Tatsache, dass seine Existenz und sehenswerte Beschaffenheit nur einem Bruchteil aller Lübeckfahrer bekannt wird.
Der Sage nach ward die Heilig Geistkirche, ein gotischer Backsteinbau, 1286 von dem Lübecker Bürger Mornewech, der es durch selbsteigene Kraft zum  reichen, angesehenen Handelsherrn gebracht hatte, gegründet.
Gekappte Lindenbäume umdrängen den Eingang zur Kirche, in die man durch eine frühgotische Kapelle gelangt, in der vier Altarschreine aus dem 15. Jahrhundert hängen, aus starkem Eichenholz in realistischer Schönheit geschnitzt, wo uralte Al Fresco Gemälde beim Abwaschen der gekalkten Wände wieder in stillem Triumph zum Vorschein kamen – hinein in den langgestreckten Bau des inneren Kirchenraumes, den jenes gewisse Licht durchgleitet, das einen der Hauptreize altüberkommener Kirchen bildet.

Im Schiff der Kirche reihen sich aus weißgestrichenem Holz aufgeführte kojenartige Zimmer Wand an Wand eng aneinander, deren schmale Türen auf einen freigelassenen Gang münden. In diesen schmalen Kojen hausen gegen 158 alte Männer und Frauen, und wo man auch hinsieht – und die verwitterten Leutchen zeigen mit Stolz ihre Behausung – herrscht schiffsmäßige Sauberkeit und stillgewordene Zufriedenheit. Über jeder Koje steht auf dunkelschwarzem Grund der Name des Bewohners nebst dem Datum seines Eintritts in das Schiff; eigen mutet es an – fast kirchhofsmäßig, jene Inschrift da oberhalb der dämmerigen Altenstube. Die verhutzelten Leutchen aber sind noch voll des interessierten Lebens. Mit 60 Jahren dürfen sie in das Stift aufgenommen werden, sie zahlen dafür 60 Mark ein. In der Woche werden ihnen zu reichlicher Atzung 3 Pfund Fleisch, 2 Brote, ein drittel Pfund Butter und Milchsuppen zugeführt, außerdem ein Wochengeld von 1,80 Mark, wofür sie sich ihr Abendbrot besorgen. Die Einrichtung ihrer Kojen bringen sich die Alten selbst mit – dies im Alter so schwierige Verpflanzen geht durch die Umgebung altgewohnter Gegenstände besser vonstatten – und urgemütlich zusammengedrängt in einem Raum von nur 2 Meter im Quadrat stehen Bett, Kommode, Speiseschrank, Stühle und Tisch – die Warmwasserheizung geht unter den Bettpfosten hindurch, - „eine ganz wunderschöne Einrichtung“, meint voll Anerkennung unser alter Führer, „immer ein bisschen warm um die Nase und die Füße.“ Die Luftverhältnisse werden geregelt durch ein vergittertes Klappfenster, das in die zwei Meter hohe Zimmerdecke eingelassen ist und natürlich in den Innenraum der hohen Kirche führt. Die Stiftsordnung beschränkt die alten Leutchen keineswegs in ihrer Freiheit; sie dürfen, ohne Urlaub anzugehen, verreisen und erhalten dann ihr Wochengeld ruhig weiter gezahlt. Auf Schritt und Tritt begegnet man geschäftig umherwackelnden Alten, die, wie jene Figuren der Altarschreine, von vergangenen Jahrhunderten geformt und geschnitzt zu sein scheinen und nur für den Rest einer kurzen Spanne Zeit zur Wandlungsfähigkeit berufen sind.

Den Männern steht ein großes Rauchzimmer zur Verfügung, in dem sie Karten spielen und lesen dürfen. Schon allein durch den anheimelnden Tabakgeruch ist dieser sonnendurchwärmte Männersaal viel behaglicher als das nordwärts gelegene, etwas düstere Gemeinschaftszimmer der Frauen, dessen ureigentliche Gemütlichkeit einigermaßen durch ein gewichtiges Betpult gestört wird, das durch seine feierlich aufdringliche Anwesenheit dem Ganzen einen mehr kirchlichen Anstrich gibt.
Im abgeschlossenen Klostergärtlein dieses sonderbarsten aller Spitäler sitzen die Stillen unter den nicht immer stillgewordenen Alten, während die Andern mit hellen Äugelein auf den Bänken vor den Kirchentüren hocken und eifrig das junge Leben draußen auf der „Weltstraße“ besehen und bereden. Vier Krankensäle befinden sich in einem Anbau, wo auch die große Küche liegt, deren Fleischkessel 250 Pfund auf einmal schlucken kann. Um 6 Uhr, zur Abendbrotzeit, füllt sich die Küche mit trippelnden Leutchen – ein langer Gasherd von 80 Flammen wird mit geschäftigem Eifer von den Männern ebenso geschickt benutzt wie von den des Kochens sonst kundigeren Frauen. Sie wärmen sich die Reste ihres Mittagessens oder braten sich die so beliebten Pfannkuchen, - die Frauen rasch oder mehr mit dem Gleichmut alter Gewohnheit, die Männer aber mit tiefgründigem Ernst, wie er zu einer so lebenserhaltenden Staatsaktion dringend vonnöten erscheint. Gewichtig wird alles bemessen und abgezirkelt, - und stolz zeigt ein Alter sein Werk: sechs hoch übereinander gestapelte Pfannenkuchen, so gleichmäßig in der Farbe und Stärke wie die runden Knöpfe eines königlich preußischen Soldatenwaffenrocks.

Langsam erhob sich aus der entferntesten Kirchenecke die Dämmerung und glitt behutsam von einer stillen Koje in die andere. Auf den harten Steinfliesen hallten kurze Trappelschritte, und die älteste Frau des Stiftes kam mit neugierigen Äuglein auf uns zu. Mit jener Redseligkeit, die Alter und Kindheit gemeinsam besitzen, erzählte sie noch rasch, dass sie 90 Jahre geworden, da sei es nichts mehr mit der Tanzerei. Aber ihre Kojennachbarin, die tanze noch allemal wie toll zur „Domzeit“ um Weihnachten, wenn eine Drehorgel ins Spital käme. Aber das sei auch was anderes, denn die wäre noch soo jung – erst 81.... Und mit klarem, vom verzehrenden Alter völlig ungetrübtem Blick sah sie prüfend hin über die „Fremden“.
Versonnen und zögernd fast traten wir hinaus aus dem Gewirr der eigenartigen Kojenstadt im steinernen Leib der uralten Kirche, hinein in das Leben der Gegenwart, die in Lübeck noch immer so aussieht, als sei sie die längst vergangene, alte Zeit. 

(Hamburger Staatsarchiv / 741-4_S 12917)

Sonntag, 23. August 2015

Abend auf der Alster


29. Mai 1910, Hamburgischer Correspondent  


Fast sommerschwer waren die Tage der letzten Woche auch für Hamburg, und mit einer für uns ungewohnten Gleichmäßigkeit verrannen sie, ohne das Regen mit nassen Fingern in ihr Sonnenleben gegriffen hätte.
Und Sommerlüfte strichen zur Mittagszeit über die breiten Fluten der Alster, die ab und an aufblitzte, wenn die Sonne ihre Strahlenhände in ihre weiten Wasser tauchte. An den langgestreckten Harvestehuder und Uhlenhorster Ufern aber drängte sich eine solche Fülle von Schönheit auf Büschen und Bäumen, wie sie sonst nur der deutsche Süden in seiner kurzen, überreichen Frühlingszeit vor uns ausschüttet.
Mächtig breiten sich Hängebuchen in bizarren Formen aus, die hier und da an urweltliche, langgezerrte Körper sprungbereiter Saurier gemahnen, und durch das helle Grün der mächtigen Ulmen, Rüstern-Pappeln und Eichen  da flammt und flirrt es in einer Ursprünglichkeit der Farben, in einer überwältigenden Fülle großzügiger Formen – es sind blühende Büsche und Bäume in ihrer jungen Farben Glühen.

        
Wie in Blut getaucht hängen die Äste des dunklen Rotdorns schwer darnieder, unter der Macht der drängenden Blüten, blendend fast leuchtet der Weißdorn dazwischen, und die schweren, duftenden Dolden des weißen, roten, lila Flieders, der Schneeball und der gleißende Goldregen wissen kaum wohin mit all der quellenden Pracht. Die Rhododendren aber veranstalten wahre Farbenorgien in tollem, ungezähmten Blühen. Zwischen dem Ganzen aber halten in langgestreckten Armen alte Kastanien leuchtende Blütenkerzen über all das Sein und Wachsen und werden der Arbeit nicht Müde, Tag und Nacht. Kein Wunder, dass sich im Abenddämmern, wo die frühsommerliche Schwere der Lüfte sich löste, die schönste Perle in Hamburgs reicher Krone, die Alster, mit Booten füllte, die sich drängten und in so starker Anzahl vorüber glitten, wie zur Sommerzeit.
 
Vom schmucken Hausboot, gegenüber dem Uhlenhorster Fährhaus, weht die Flagge, tönt Lachen und frohes Stimmengewirr, hier und da taucht urplötzlich, fast lautlos, neben unserem Boot ein schlanker Segler auf, wie ein fremder, schöner Nachtvogel mit gewaltigen, dräuenden Schwingen, und gleitet vorüber, tief in die fahle Dämmerung.
Schnelle Kanus, die anscheinend eine immer stärkere Zahl Liebhaber und Liebhaberinnen finden, denn ihrer werden von Jahr zu Jahr mehr, schieben sich zwischen Paddelbooten und „Seelenverkäufern“ hindurch. Mietboote, die nicht immer die größte Schönheit drückt, was Aussehen und Form anlangt, die aber meist durch lebensvollen Inhalt entschädigen, arbeiten sich mit mehr oder weniger Geschick durch das Gewirr und verstehen es oft meisterlich, sich rücksichtslos an den glatten Mahagoniplanken schöner Eigenboote vorbei zu reiben, wenn es gilt, in die Fährhausbucht zu rudern und dort ihren Anteil an Musik und Wasserflirt zu beanspruchen.

Auf dem Anlegesteg ein Hin und Her von hastenden oder beschaulichen Menschen, unaufhörlich und mit sorgfältigem Eifer tönen die Warnungspfeifen der Alsterdampfer, deren Fahrwasser mit kecker Unverfrorenheit immer wieder im allerletzten Augenblick von jagenden Ruderbooten gekreuzt wird. Hier und da gleitet schwerfällig, dunkel und plump eine leere Schute heimwärts, anscheinend müde vom Tagewerk, der vielgetürmten alten Stadt zu, deren wunderbare klare und einzig schöne Silhouette sich scharf umrissen hochreckt und abhebt vom Abendhimmel. Leise schwimmen ein paar Nachtschwärmer unter den vielzähligen Alsterschwänen herbei und umkreisen furchtlos die Boote, als seien sie sich ihrer wohlverbrieften vielen und reichen Rechte bewusst, die sie sich im Lauf der Zeiten schon ererbt und erworben haben. Und über dem eigenartigen, schwermütig schönen Bild leuchtete der Mond – steht der vielbesprochene und so unansehnliche berühmte Halleysche Komet. Ein verwaschener Nebelfleck. Er sieht abgelebt aus, ganz einfach, der würdige, alte Herr – kein Wunder, bei einem so ausgiebigen, viel tausend Jahre alten Himmels-„Dom“bummel! Die irdische Beleuchtung ist hier einmal die weitaus reizvollere!
          
Tausendfach spiegeln sich in den dunklen, völlig unergründlich dräuenden Wassern die Lichter von den Ufern her, verschwommen brechen sich die gelblich-weißen, matt erscheinenden Strahlen in der atmenden Flut. Plötzlich gleiten durch ihre bescheidene Helle huschende Boote, um rasch, wie erschrocken, wieder ins Dämmerdunkel zurück zu tauchen. Maleraugen und Dichterherzen müssen aufleuchten und höher schlagen – abends auf der Alster! Es gibt in Deutschland nur eine Stadt, wo weltstädtische Größe und wunderbare, herbe Naturschönheit so eng miteinander verbunden sind – wie in Hamburg!
Und über das Wasser drängen und schwellen die Klänge der Kapelle vom Uhlenhorster Fährhaus her, in der Bucht davor sieht man nur Boote und lachende oder verträumte Menschen. Dass das Wasser sie alle hält, merkt man allein an der leichten Beweglichkeit der Planken, die das Menschengewirr da tragen – so dicht liegen Rand an Rand die Boote über dem schier verdeckten Wasser. Kein Wunder auch, dass sich hier und da, von Boot zu Boot, dort leise, hier aufdringlicher, der sehr beliebte Wasserflirt entwickelt, oft wohl nur „einen Sommer lang“ – um dann, in logischer Folge seiner ursächlichen Entstehungsgeschichte, wieder zu Wasser zu werden.
        
Da – urplötzlich – ein aufzuckendes Leuchten, ein weiterrinnendes, blendendes Flammen – das Fährhaus hat seinen Kaiserschmuck angelegt, und in schimmernden, förmlich durchsichtig erscheinenden Umrissen liegen die hellen, lichtumfassten Gebäude da. Nun aber zuckt es auf, noch einmal, und in langen, langen Lichtranken ziehen sich Leuchtketten von Baum zu Baum, flirrt und scheint es wie riesige Irrlichter aus einem Sommernachtstraum im starken Geäst der laubdichten Bäume des lichten Gartens.
Und dunkler scheinen die Wasser zu werden und sich weiter und weiter zu recken nach ungekannten Ufern – und leise und lautlos breitet die Nebelfrau ihre feuchten, spinnwebfeinen Linnen überall aus, wo sie Platz findet, und greift in die tonlos niederrieselnden Wasser, um ihre schlohweißen Hände zu kühlen – und siehe, es sprühen Nebeltropfen auf.

Es ist spät geworden auf der Alster.

(Hamburger Staatsarchiv / 741-4_S 12917)

Sonntag, 12. Juli 2015

Die landwirtschaftliche Ausstellung Hamburg 1910


In dem letzten Blogpost berichtete Elinor in humorvoller Weise über die Auswirkungen einer von Landvolk überschwemmten Stadt während der DLG-Ausstellung. In diesem, und auch einigen weiteren, möchte ich die Meldungen zur 24. Wanderausstellung aus jener Zeit wiedergeben. Möge sich der Leser daraus und aus der Art der Formulierung ein eigens Bild jenes Deutschlands von vor dem ersten Weltkrieg machen. Dieser Text ist nicht von Elinor verfasst worden.


Donnerstag, 2. Juni 1910, Hamburgischer Correspondent  

Das Gelände der landwirtschaftlichen Ausstellung

Heute Mittag 12 Uhr wird die 24. Wanderausstellung der Deutschen-Landwirtschafts-Gesellschaft auf dem idealen Ausstellungsplatz des Heiligengeistfeldes eröffnet. Seit Monaten hat Hamburgs Bevölkerung die Vorbereitungen gesehen und das Fortschreiten der Bauten mit stets größer werdendem Interesse verfolgt. Nun, wo sich die weißen Zeltdächer über den weiten Hallen spannen, grüßt die Bevölkerung der alten Hansestadt die Besucher aus dem ganzen Reiche, die zum zweiten Male an die Wasserkante kommen, um zu zeigen, dass Deutschland, wenn auch die Industrie sich als gleichwertiger Faktor der Landwirtschaft an die Seite gestellt hat, noch immer in der Lage ist, den Bedarf seiner Bewohner an Nahrungsmitteln zu decken.
Und wenn ein Gang durch die Ausstellung, ein Blick auf die ausgestellten Tiere, auf die Erzeugnisse des Feldes und die Produkte der Kolonien, wie sie hier vertreten sind, beweist, wie weit die Grenzen gezogen sind, in denen die Landwirtschaft ihre Tätigkeit entfalten muss und kann, so darf man, ohne sich einer Übertreibung schuldig zu machen, ein bekanntes Wort dahin variieren, dass auch den deutschen Bauer uns niemand nachmacht.
Hamburg sieht die Wanderausstellung der Deutschen-Landwirtschafts-Gesellschaft, dieser berufenen Vertretung des deutschen Nährstandes, nicht zum ersten Mal in seinen Mauern. Vor 13 Jahren durfte die Hansestadt die Vertreter der Landwirtschaft zum ersten Mal hier begrüßen. Aber noch viel weiter zurück reichen die Beziehungen, die die Handelsmetropole mit der Landwirtschaft verknüpfen. Denn die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft darf Hamburg als ihre Geburtsstadt ansprechen. Denn Max Eyth war es, der an einem Sommerabend des Jahres 1883 mit dem Oberamtmann Rimpau und dem Geheimen Oberregierungsrat Dr. Thiel hier in Hamburg den Gedanken fasste, eine die ganze deutsche Landwirtschaft umfassende große Organisation zu schaffen. Klein genug waren die Anfänge, aber willensstarke Tatkraft hob über die ersten Schwierigkeiten hinweg, und Max Eyths Name bleibt als der des Begründers der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft für alle Zeiten unvergessen. Er stand nicht mehr an der Spitze, als am 19. Juni 1897 die erste Ausstellung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft in Hamburg stattfand. Aber sein Geist schwebte über ihren Veranstaltern und, wie damals Herr Rittergutsbesitzer Pogge-Altkrasow als Vizepräsident für den 4. Gau hervorhob, war Jeder, der in irgend einer Eigenschaft an der Ausstellung beteiligt war, im Gefühl der großen Verantwortung, die er zu tragen hatte bemüht gewesen, seine Pflicht zu tun und daran mitzuwirken, dass ein glänzendes Bild entstand. Unendlich groß ist der Erfolg dieser Ausstellung gewesen, und so ist es begreiflich, dass die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft gern nach Hamburg zurückkehrt, um Zeugnis abzulegen von den gewaltigen Fortschritten, die in den inzwischen abgelaufenen 13 Jahren überall erzielt worden sind.

Wohl ist die Wissenschaft den Fortschritten der Landwirtschaft zugute gekommen, aber nur deshalb, weil der deutsche Bauer es verstanden hat, dem Ausspruch Justus von Liebigs zu folgen, der es ihm eindringlich nahe gelegt hat, ihre Errungenschaften in die Praxis des Lebens umzusetzen. Man darf also wohl sagen, dass die Landwirtschaft die Zeichen der Zeit verstanden und sich alle Fortschritten der Erkenntnis auf naturwissenschaftlichem Gebiete nutzbar zu machen gewusst hat.
Wie ernst es ihr damit ist, zeigt das äußere Bild der Ausstellungen, wie sie sich immer großzügiger gestaltet haben. Da ist alles aufs Strengste ausgeschlossen was von dem eigentlichen Gegenstand abziehen kann. Nichts drängt sich dem Besucher auf, was etwa bloßer Zerstreuung oder müßiger Neugier dienen soll; den Landwirten soll Anregung und Belehrung in ihrem ureigensten Fach geboten werden. Dass dabei dem Nichtfachmann eine reiche Fülle des Sehenswerten geboten wird, darf nicht Wunder nehmen. Wie sich die Grenzen des Deutschen Reiches gedehnt haben über das weite Meer hinaus bis zu den Gefilden der deutschen überseeischen Kolonien, so musste das Interesse der Landwirtschaft Dinge umfassen, die vordem außerhalb ihres Bereiches lagen. Alle die Produkte, die Abseits der Betätigung des deutschen Bauern im Mutterland lagen, sind daher der Ausstellung angegliedert worden in einer besonderen, von der Deutschen Kolonialgesellschaft veranstalteten Sonderausstellung. Wenn demnach die Aufmerksamkeit über die inländische Viehzucht und den einheimischen Feldbau hinüberschweift zu den Erzeugnissen Afrikas oder der Südseeinseln, so mag das ein Zeugnis dafür sein, wie auch über die Meere hinaus die deutsche Landwirtschaft ihr Feld findet, das sie zum Besten der gesamten Bevölkerung beackern darf.

Gerade in Hamburg findet sie für diese weitreichenden Bestrebungen das beste Verständnis. Von hier aus gehen die Fäden hinüber in alle Regionen des Erdballes, und der Hamburger Kaufmann weiß, dass er einen Rückhalt in seinen Bestrebungen hat, wenn der Landwirtschaft die Wege geöffnet werden in die fremden Länder hinein und aus den fremden Ländern in die deutsche Heimat. Es darf darauf hingewiesen werden, dass Hamburg an seinem Kolonial-Institut eine eigene Professur für Koloniale Landwirtschaft errichtet hat. Das heißt doch gewiss, die Forderungen der Zeit verstehen und der inländischen Landwirtschaft mit seinem Erkennen aller Bedürfnisse der neuen Zeit entgegenkommen.
So liegt die Verbindung zwischen dem weltumspannenden Handel der Hans-Metropole und der Landwirtschaft gar nicht so fern. Ein Sinnspruch an einem Hause am Hamburger Hafen verbindet die beiden großen Berufszweige. Er lautet:

„Wie der Kiel dem stürmenden Meere,
Trotze auch du den Stürmen der Zeit.“

Aus dem Geist dieses kernigen Spruches heraus begreift es sich, wenn heute die hamburgische Bevölkerung der Eröffnung der landwirtschaftlichen Ausstellung ihre ungeteilte Sympathie entgegenbringt. Wenn in der heutigen Mittagsstunde sich die feierliche Eröffnung vollzieht, wenn Bürgermeister Dr. Predöhl mit einer Begrüßung der Gäste Hamburgs den weihevollen Akt einleitet, dann sind auch die Herzen der Hamburger Bevölkerung dabei, die sich vereinigen in dem Wunsche, dass diese Ausstellung alle Hoffnungen erfüllt, die man auf sie setzt, dass sie der deutschen Landwirtschaft eine neue Förderung sein wird, dass die deutsche Landwirtschaft aus ihr neue Kraft zu weiterem, glücklichem Streben schöpfen wird.

(Hamburger Staatsarchiv / 741-4_S 12917)













Donnerstag, 9. Juli 2015

Dorf und Stadt


05. Juni 1910, Hamburgischer Correspondent


Dass die Landwirtschaftliche Ausstellung sich mit vollem Recht „Wanderausstellung“ nennt, wird jedem klar, der seit ihrer Eröffnung versucht, auf altgewohnte Weise durch Hamburgs Hauptstraßen zu schlendern oder eines der bekannten Atzungslokale aufzusuchen.
Der ganz simple, nur seine lumpigen Steuern zahlende Hamburger Bürger wird durch diese friedliche Invasion einfach glatt an die Wand gedrückt. Figürlich gesprochen, was für den gewiegten Kenner unsrer inneren Politik gar nicht, aber auch gar nicht verblüffend wirkt.
Überall da, wo Hamburg am meisten Hamburg für den Fremden ist – Jungfernstieg, Neuer Wall, Uhlenhorster Fährhaus, St. Pauli – sieht man die Herren vom Nährstand in Trupps zu Vieren, Fünfen einherstapfen, unbedingt den Fußsteig völlig einnehmend, die Gesichter wohltuend gesund, schwarzbraun oder brennrot eingebrannt, und diese scharfen Sezessionstöne noch gehoben durch den kalkweiß wirkenden Rand der Stehkragen. Diese Stehkragen, genau so grundverschieden wie die Spielarten der geselligen Formen ihrer Träger, weisen die neueste Facon auf bis zu völlig ungeahnten, sonderbaren Ausgrabungen anscheinend fossiler Funde.

Die bäuerlichen, symphytischen Kraftgestalten unter den Landleuten, die nichts anderes sein wollen, als was sie sind – Herren der Scholle – tragen alle den Ausstellungskatalog mit sich umher, und etwas von großgewordenen Kindern liegt in ihren klaren, ruhig beobachtenden Augen.
Die Junker, in deren Art das bescheidene Zurücktreten sonst nicht gerade zu liegen pflegt, verschwinden fast unter der Masse der schlichten Landwirte. Wo sie aber auftreten, haben sie, um nur gleich im angemessenen Lokalton zu bleiben, stets einen städtischen „Leithammel“ bei sich, der sich leicht geniert fühlt und durch seine fahle Stadtfarbe die lebenstrotzenden Gesichter seiner Landfreunde noch wirkungsvoller macht.
Und wie die alten Deutschen im Kampf stets ihre starkmutigen Frauen mitführten, die so tapfer im Getümmel aushielten und sich töteten, wenn ihre Männer gefallen waren, so nahmen auch viele dieser Herren vom Lande – ob freiwillig,  bleibe dahingestellt – ihre Frauen mit nach Hamburg in den Kampf. Auch diese halten im dichtesten Getümmel tapfer aus; aber sie sind doch schon zu modern und zu gesund, um sich gleich zu töten, wenn ihre Männer fallen sollten als Opfer des Molochs Großstadt. In praktischer Erkenntnis der Lage der Dinge suchen sie dagegen, solange es an der Zeit ist, den Geldbeutel ihres Gatten nach Möglichkeit zu schröpfen, ehe etwa sonstige Hände darüber kommen könnten. Auch eine Art Musterschutz.

Man muss diese Frauen gesehen haben, um ganz beruhigt über Deutschlands Zukunft zu sein. Sie liegt unbedingt auch „auf dem Lande“. Meist zielbewusster, rascher, rücksichtsloser als die vorsichtig überlegenden Männer, durchstürmen sie zugleich als Kampfobjekt im Gedränge.
Eigenartige Farbensymphonien schillern uns aus ihren Kleidern entgegen. Wundersame Kleider sind das manchmal – man sieht es ihnen an, dass sie extra für die sicher vielbesprochene Hamburger Reise hergestellt sein müssen, und zwar aus eigner Kraft, wie alles, was die Landwirtschaft bisher erreicht hat.
Die Typen wiederholen sich ziemlich regelmäßig. Eine ist immer schon mal dagewesen. Tut sehr übersättigt und orientiert, denn sie macht ihre Weihnachtseinkäufe sogar in Berlin. Weiß selbst, wo das Dorado aller Damen, Hübner oder Chatelaine, liegt und stürzt sich kühn in den ihr noch unbekannten Jardin des Fleurs. Dann wendet sich die Globetrotterin mit der hilflos und andächtig folgenden Herde der „Neulinge“ nach der Richtung des Jungfernstiegs. Mit innerlichem Bangen, aber äußerlich krampfhafter Sicherheit attackiert sie einen Schutzmann:
„Bitte, wo komme ich am schnellsten nach den Alsterdampfern?“
Und er, bestrickend liebenswürdig, wie ihn die armen Berliner nur in ihren kühnsten Träumen kennen, weist ihr lächelnd den Jungfernstieg.
„Ja, den kenne ich – komme ich dort aber auch nach der Alster?“

Und dann die Ausstellung!
Wenn so viel Vieh ganz allein auf einem Feld zusammen gebracht wird, bildet sich schließlich auch der Stadtbewohner ein, dass der selige Podbielski wirklich einmal recht hatte, wenn er behauptete, dass es eine Fleischnot nicht gibt, wird übermütig und unternimmt einen Bummel in die Fouragehallen Hamburgs.
Das tat auch ich, und erlebte auf dem Wege dahin noch zwei niedliche Lebensäußerungen der wandernden Landwirtschaft. Ein flotter Landmann, seine Gattin fest am Arm, auf dass sie ihm ja nicht an einem gefährlich lockenden Schaufenster hängen bliebe, geht an einem Hedag vorbei und explodiert vor lachen, unerwartet, wie ein Benzinmotor.
„Blödsinnig, so `ne verrückte Bezeichnung! Hedag! So was können sich nur diese Großstädter leisten.“
Die lachen mit, am meisten aber der Chauffeur der H.E.D.A.G (Hamburger Elektrizitätsdroschen Aktien Gesellschaft). Als diese Seitenlinie der Landwirtschaft über die schönste Straße unseres nordischen Venedigs, den Jungfernstieg, zieht und dort zwar keinen Markusplatz, wohl aber einen Alsterpavillon mit seiner wahren Heerschau Tauben, antrifft, die sich zwischen die Fußgänger drängen, als hätten sie allein das Recht auf die Straße – frei nach Jagow, reißt sich die Vertreterin der Landwirtschaft vom sicheren Arm des braungebrannten Gatten los und meint ganz empört:
„Tauben – auf der Straße? Um das zu sehen, brauchten wir nicht nach Hamburg zu kommen.“

Dankbar für die genossenen unerwarteten Anregungen schlendre ich nach Atlantic-Pfordte. Lande auch dort gerade neben dem rechten Tisch. Während mir die allezeit lustige Witwe Cliquot, die stets schweigt und doch zu so vielen Dingen überredet, die trockene Kehle anfeuchtet, beobachte ich stillvergnügt, was da neben mir vor sich geht. Man macht es mir auch absolut nicht schwer. Der ganze Saal ist bald, gleich mir, über Familienverhältnisse, Namen und Stellung jedes einzelnen dieser fidelen Tafelrunde informiert, so laut ist die Unterhaltung. Der weißbärtige Rittergutsbesitzer und die zwei Gardekavalleristen in Zivil mit dem Eifelturmhohen Kragen gehören zusammen, stehen im „Familienverbande“ – alles Namen von bestem, altem Klang – während ein ganz bürgerlicher Rittergutsbesitzer nebst hübscher Tochter etwas die Outsiderrolle spielen. Der alte mit forcierter Kameradschaftlichkeit unverkennbar um die im Kreis schwerwiegende Gunst des jovialen, blaublütigen Landsmanns buhlend, der in einem ungestörten Augenblick einem seiner Neffen zuflüstert:
„Der Mann hat den Adelshunger!“
während die hochblonde Tochter mit dem einen Kavalleristen ein intensives fachweibliches Pferdegespräch unterhält. Augenblicklich ist sie damit beschäftigt, an mehrere Freundinnen Ansichtskarten zu schreiben. Als sie die Karten dem originellen alten Ritter vom Lande zuschiebt, meint der lachend:
„Nee, verschonen Sie mich damit, gnädiges Fräulein! Ich fahr lieber mit meinen Junkern über Land wie mit `nem Bleistift übers Papier. Befolge das gute Sprüchel: Wegen zu alten Adels des Lesens und Schreibens unkundig.“
Verlegen auflachend nimmt die gar nicht kühle Blonde ihre Karte an sich, und der Alte fasst nach der Sektflasche und ruft dem Neffen zu:
„Na, Jürgen, frischer Durst ziert den Reiter. Schütte doch endlich mal den schäbigen Rest in Deine Futterluke, der Knallkümmel steht ja sonst ganz ab.“
Und das Töchterlein des Outsiders, nunmehr die unvermeidliche Zigarette zwischen den Fingern, erschöpft ihren „Pferdeverstand“ und ihre glänzenden Kenntnisse des Gothaer Taschenbuches der uradeligen Häuser, um vielleicht in die ersehnte vornehme Ehe hineinzureiten.

Scharfe Gegensätze erhöhen den Eindruck frisch erlebter Einzelheiten. Deswegen fahre ich, kurz entschlossen, nach St. Pauli, wo das Bier heut´ sicher ganz besonders gut läuft. Und mit dem unverfälschten Spürsinn, der jedes gesunde Geschöpf zur Futterkrippe führt, haben die biederen Landleute sich auch in dem Bierpalast eingefunden.
Unter dem großen Bild, auf dem ein junges Weib im Zustand der Urbekleidung auf einem Felsvorsprung hockt, sitzt eine ganze handfeste, urwüchsige Bauernfamilie. Zwei derbe Söhne, der stiernackige, hünenhafte Alte und die abgearbeitete magere Mutter. Sie sitzt im schwarzen, feierlichen Kirchenkleid förmlich andächtig da; dann nimmt sie bedächtig den Hut mit dem Gemüse ab, und zwei mit Wasser schön glatt gestrichene Scheitel glänzen auf. Plötzlich entdeckt sie bei dieser Manipulation die Nudität über sich. Mit einem:
„Och, aber nee, so was aber auch!“, setzt sie sich ganz entsetzt direkt unter das Bild, um es nicht ansehen zu müssen, doch ihre Versuche, die Söhne auch vor diesem Anblick zu bewahren, schlagen fehl. Sie grinsen, der Bauer lacht und meint:
„Unser Jungvieh ist in besserem Futterzustand wie die Puppe da oben, gell Mutter?“
Aber Mutter ignoriert diese Frivolität. Dann kommt der Kellner und setzt mit kordialer Herablassung das Essen auf den Tisch. Als er gegangen, steht die alte Frau auf, wie sie es wohl daheim gewohnt sein mag, und legt den Männern sorgsam abwägend das Essen vor, sie aber nimmt sich das Kleinste – nach Mutterart. Diese einfache, kleine, heimatliche Gepflogenheit im großstädtischen Treiben des überfüllten Lokals rührt mich förmlich. Darin allein lag so viel starkes, gesundes Festhalten am Altgewohnten, ein solch zähes Wurzeln in der Scholle der Heimat. Die ganze Kraft unseres bodentreuen Bauernstandes zuckt mir blitzartig aus der schlichten Handlung dieser Alten entgegen. 

(Hamburger Staatsarchiv / 741-4_S 12917)